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Alles eine Frage der Perspektive

Es ist was es ist sagt die Liebe

«Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe.»
(Erich Fried)

Wenn ich übers Fremdgehen nachdenken, bin ich wütend

Wenn ich übers Fremdgehen nachdenke, nehme ich eher die Positionen der Vernunft, des Stolzes, der Vorsicht und der Erfahrung ein. Ich kann wenig Gutes darin sehen, wenn ein Mensch einen anderen belügt und betrügt. Es fällt mir schwer, nachzuvollziehen, was diese Menschen antreibt. Zumindest wenn ich selbst betroffen bin. Beruflich ist das anders. Es fällt mir leicht, mich in diese Situationen hineinversetzen. Ich kann den Schmerz und die Unentschlossenheit nachvollziehen, oder auch die Freude und die Freiheit, die manch einer empfindet. Es steht mir nicht zu, meine Klienten zu bewerten. Ich hatte zeitweise auch großes Mitgefühl mit meinem Mann. Die Betonung liegt aber auf zeitweise. Ich bin seine Partnerin, nicht sein Coach. Und in der Rolle der Partnerin wollte ich nicht verständnisvoll sein. Ich war verletzt und ich wollte wütend sein. Am Ende war es aber wie in diesem Gedicht. „Es ist was es ist“ Was auch immer es ist.

Es war das Gesamtpaket. Es war nicht nur Sex

Erst kürzlich hatten wir nach langer Zeit mal wieder darüber gesprochen, warum seine Geliebte sich so lange das alles hat mit sich machen lassen. Oder anders formuliert, warum er so lange an ihr festgehalten hat. Für mich gibt es da nur einen Grund: der Sex muss richtig gut gewesen sein. Er verteidigt sich und die Trulla dann immer mit: „Es war das Gesamtpaket. Es war nicht nur Sex.“ Das macht es natürlich gleich viel besser. Aber an diesem Punkt bleibe ich stur. Wenn es das Gesamtpaket gewesen wäre, wieso hat er sich dann nicht für sie entschieden? Wieso war es ihm unangenehm, sich mit ihr zu zeigen? Nur weil er nicht auffliegen wollte? Weil ich ihm so wichtig war? Blödsinn. Eine Frau, die als Gesamtpaket großartig ist, wird nicht versteckt. Die will man doch zeigen. Also was ist es dann?

Üblicherweise kommen jetzt Standardausreden. Angefangen bei „es geht nicht wegen der Kinder“ über „wie sind schon so lange zusammen, uns verbindet so vieles“ bis hin zu „es geht nicht, weil ich das meiner Frau nicht zumuten kann“. Bla bla bla. Am Ende geht er nicht, weil er nicht gehen will. Und wenn er nicht gehen will, aber trotzdem bei der Geliebten bleibt, was hält ihn dann? Ihr Humor? Ihre charmante Art? Ihre Bildung? Das mag ja alles zutreffen, aber meistens treffen sich die beiden ja nicht, um ins Museen zu gehen oder zu philosophieren. Ich stelle mit vor, wie sich die Geliebte aufbretzelt, um möglichst attraktiv zu sein, sich von der besten Seite zeigend, Probleme werden an die Seite geschoben, nur um ihm zu gefallen. Würde ich vermutlich auch so machen, wenn ich ihn nur alle Schaltjahre zu Gesicht bekomme. Sie wird versuchen ihm all das zu bieten, von dem sie glaubt, dass er das zu Hause so nicht bekommt. Und dann? Landen die beiden im Bett, quatschen noch ein wenig und schon ist die wundervolle Zeit vorbei und er muss wieder los. Was genau war jetzt noch mal das Wichtigste?

Sei wenigstens ehrlich zu dir selbst

Wenn mich etwas echt wütend macht, dann sind das Menschen, die sich selbst was in die Tasche lügen und mich für dumm verkaufen wollen. Wie anmaßend werden jetzt einige sagen. Woher nimmt sie das Recht zu wissen, was ihn an dieser Frau fasziniert hat. Das kann ich leicht beantworten. Die Art und Weise wie er von ihr erzählt und was er sagt.

Habt ihr schon mal genau hingehört, wenn Paare gemeinsame Geschichten erzählen? Dabei kommt es nicht darauf an, was erzählt wird, sondern wie und wie die beiden interagieren, wenn sie erzählen. Übrigens kann man laut Gottman mit 94-prozentiger Wahrscheinlichkeit allein aus der Geschichte vorhersagen, welche Paare drei Jahre später noch zusammen sein würden und welche nicht. John Gottman, ist so etwas wie der Papst des Beziehungsglücks. Nicht nur, weil er ein guter Beobachter ist – sondern auch, weil der Wissenschaftler in scheinbar nebensächlichen Details des Alltags die Aspekte erkennt, die für den Verlauf von Beziehungen größte Relevanz haben. Paare, die sich später trennen, so Gottman, machen weniger liebevolle Bemerkungen über den Partner und seine Eigenarten in ihren Geschichten, dafür mehr negative. Außerdem banalisieren sie die Kennenlern-Geschichte eher, verheddern sich häufiger in der Erzählung oder widersprechen einander. Auch reden sie seltener von „uns“ als von „mir“ und „dir“. Paare, die zusammenbleiben, haben ihre Geschichten dagegen viel häufiger glorifiziert, idealisieren den Partner beim Reden und Erzählen die Geschichte übereinstimmend und mit einem starken Wir-Gefühl.[1]

Wenn mein Mann von dieser Frau erzählt hat, beschrieb er sie als jemanden, der gerne lacht und schnell Kontakt findet. Wenn er mit ihr ausgegangen ist, war sie ihm jedoch peinlich, weil sie von jedem Kerl angequatscht wurde und das auch zuließ. Auf der einen Seite mochte er die gesellige Art und auf der anderen Seite verurteilte er sie. Am Ende war für ihn klar, dass diese Frau nie und nimmer eine Partnerin sein könnte. So, und warum genau, hat das dann doch die Jahre gehalten? Doch sicher nicht, weil sie so gesellig war. Also das Gesamtpaket kann er sich getrost sonst wohin stecken. Ob es der Sex war? Keine Ahnung. Darüber spricht er nicht. So genau will ich es auch gar nicht wissen. Am Ende ist es was es ist.

[1] vgl. Die Vermessung der Liebe, John Gottmann, Klett-Cotta und
https://www.welt.de/print/wams/wissen/article144181516/Wie-begann-Ihre-Liebe.html, „Wie begann Ihre Liebe?, Fanny Jiménez, Welt, aufgerufen am 13.03.2023

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Warum hast du ihn zurückgenommen?

Zurückgenommen? Wann habe ich ihn weggegeben?

Warum hast du ihn zurückgenommen? Interessante Frage. Während ich darüber nachdenke, stelle ich fest, dass ich darauf so schnell gar nicht antworten kann. Ich kaue auf diesem Wort zurücknehmen rum? Wenn ich jemanden zurücknehme, hätte ich ihn ja zuvor weggegeben. Ich habe meinen Mann aber nicht weggegeben. Nicht willentlich und schon gar nicht wissentlich. Das hat er schon ganz allein entschieden. Oder um seine Worte zu zitieren: es ist passiert. Zurücknehmen ist aus auch kein Wort, das ich in Verbindung mit Beziehung bringen würde. Aus meiner Sicht entscheiden sich Menschen füreinander. Sie nehmen sich nicht einfach. Außer die Schwaben vielleicht, denn deren Liebeberklärung lautet „dann nemm I di halt“ 😊 Scherz.

 

Was ist die Frage hinter der Frage?

Was ist eigentlich die Frage hinter der Frage? Und jetzt muss ich grinsen. Denn dann ist nicht mehr die Frage selbst relevant, sondern diejenigen, die die Frage stellen. Gerade beim Thema fremdgehen, hatten und haben wir immer das Gefühl, dass es mehr um die anderen, weniger um uns ging. Jeder gut gemeinte Rat, jede Form der Fragestellung verriet uns mehr über das Wertesystem derjenigen, mit denen wir gerade sprachen.

 

 

Eine Geliebte beispielweise regte sich darüber auf, dass ihr Lover gerade mit der Familie in Urlaub sei. Warum machen die Ehefrauen das überhaupt mit, fragte sie sich? Und warum nehmen so viele ihre fremdgehenden Männer zurück? Steckt dahinter nicht viel mehr die Frage, warum er mit der Ehefrau und nicht mir ihr in den Urlaub fährt und warum er nicht endlich Schluss macht? Wie kann FRAU so einen Arsch überhaupt noch akzeptieren? Hm. Aber genau dieser Arsch ist für diese Geliebte der Traummann. Wieso nimmt die Geliebte den Kerl immer wieder zurück, wäre eine adäquate Gegenfrage.

 

Oder die Kollegin, die nicht nur fragt, warum ich meinen Mann zurücknehme, sondern auch noch wissen will, wo denn mein Stolz bliebe. Was hat denn Stolz damit zu tun?

 

 

Der Architekt hat Türen vorgesehen, die man von außen schließen kann

Ich habe meinen Mann nicht zurückgenommen. Im Gegenteil. Ich habe ihn, nachdem er mir verkündet hatte, er wäre in diese andere Frau verliebt, rausgeschmissen. Nicht jede würde das machen, das weiß ich. Ich habe es getan, weil er sich sicher war, die richtige Entscheidung getroffen zu haben: für sie, gegen mich. Da brauchte ich nicht lange zu überlegen. Der Architekt hat für solche Fälle Türen vorgesehen, die man von außen schließen kann. Ich bin mir nicht sicher, ob ich meinen Mann vor die Tür gesetzt hätte, wenn er Zweifel gehabt hätte. Vermutlich hätten wir dann versucht eine Lösung zu finden, um unsere Beziehung zu retten. Wollte er aber nicht. Also raus mir ihm.

 

Er ging und kam wieder. Aber zurück genommen habe ich ihn nicht. Wir haben uns auf neutralem Boden getroffen, um zu prüfen, ob es Sinn macht, wieder zusammen zu kommen. Ein Neustart quasi. Nur ohne verliebt sein und Schmetterlinge im Bauch. Eher mit viel Tränen, Schmerz und Enttäuschungen. Wenn wir einfach da weitergemacht hätten, wo wir aufgehört haben, wären wir ratzfatz in der gleichen Dynamik gelandet und die mündete ja bekanntermaßen im Super-Gau.

Ich weiß aber von Paaren, die einfach wieder zur Tagesordnung übergehen. Da wird hoch und heilig versprochen, dass man nie wieder so einen Scheiss machen würde und von jetzt an alles besser werden wird. Aha, denke ich da nur und muss diesen wütenden Geliebten Recht geben. Warum soll jetzt plötzlich alles gut sein? Nur weil man sich selbst einredet, es sei ein Ausrutscher gewesen? Ausrutschen. Wenn ich das schon höre. Das klingt genauso bescheuert wie „es ist passiert“. Wo bleibt da die Eigenverantwortung?

 

Manche Menschen wollen belogen werden

Manche Menschen wollen belogen werden, das habe ich im Laufe meines Berufslebens gelernt. Ich war immer wieder sprachlos, was Menschen alles zu glauben gewillt sind. Warum sollte das im Privatleben anders ein. In einem Interview von ZeitWissen mit Prof Robert Feldmann ist dies sogar bestätigt. Auf die Frage, warum wir so viel lügen, sagt Feldmann, dass Lügen der Schmierstoff der Kommunikation sei. Die Menschen wollen oftmals nicht die Wahrheit hören, sondern etwas, mit dem sie sich gut fühlen.[1]

 

Manchmal haben wir vor der Wahrheit sogar mehr Angst als vor der Lüge. Als fragen wir erst gar nicht. Interessante Phänomen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum das Umfeld Fragen stellt wie: „Warum hast du ihn zurückgenommen?“

 

Selbsttäuschung macht das Leben schöner

Als ich erfuhr, dass mein Mann mich drei Jahre lang betrogen hat, zweifelte ich an mir und meiner Menschenkenntnis. Wie konnte ich das übersehen und was habe ich in der Zeit noch alles übersehen. Woran hätte ich es erkennen können, fragte ich mich und ging auf die Suche. Ich fand unzählige Artikel und Bücher zum Thema Lügen erkennen. „Wie finde ich heraus, dass er mich belügt?“ oder „Sichere Anzeichen für eine Lüge“ sind nur einige der Begriffe, die in Google hohe sechsstellige Trefferquoten auswerfen. Ich fand aber auch Artikel und Bücher zu „Selbsttäuschung.“ Wie gesagt, wir lieben es uns selbst zu belügen. Und ich gehörte wohl dazu. Ich wollte nicht sehen, was offensichtlich war. Im Nachhinein habe ich erkannt, dass ich nicht noch eine Baustelle in meinem Leben aufmachen wollte. Also habe ich die Augen verschlossen und so getan, als würde ich nicht merken, dass mein Kerl grad völlig abdreht. Mit dem Ergebnis, dass er Menschen verletzt und schlecht behandelt hat. Nicht nur mich, auch sich selbst und nicht zuletzt seine Geliebte. Selbsttäuschung macht das Leben also schöner. Du befreist dich von Schuld, Schmerz, Fehlern und all den negativen Seiten deiner Persönlichkeit und am Ende sind dann die anderen schuld – oder es waren unglückliche Umstände.

 

Für mich beinhaltet die Frage nach dem zurücknehmen vielmehr Unverständnis für meine Entscheidung, als wirkliches Interesse. Es schwingt ein „ich hätte anders entschieden“ mit. Aber ich bin ich und du bist du. Mein Leben, meine Entscheidung. Und wie du entschieden hättest oder entscheiden würdest, ist für meine Entscheidung nicht relevant. Ich verstehe aber deine Sorge hinter der Frage.

 

 

 

[1] ZeitOnline, Lügner sind sympathisch, Tobais Hürter, 10. April 2012, zeit.de, aufgerufen am 03.03.2023
https://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/03/Interview-Robert-Feldman?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

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Gehört Ehebruch vor Gericht?

Ist Ehebruch ein Vertragsbruch und gehört vor Gericht?

Interessiert schaue ich meine Kollegin an. Ein Fremdgänger vor Gericht. Wir soll das gehen, frage ich mich. „Wir haben einen Vertrag abgeschlossen als wir heirateten. Wenn Verträge gebrochen werden, ist das normalerweise strafbar.“ Ganz unrecht hat sie damit nicht. Aus dieser Perspektive habe ich das noch nie gesehen. Mein Kopfkino überschlägt sich. Wer zeigt denn da wen an? Wer beurteilt, ob das Ehebruch war? Muss man auf frischer Tat ertappen? Ich stelle mir vor, wie die sowieso schon überlasteten Gerichte, fremdgehende Menschen im Akkord verurteilen. Gibt es das überhaupt noch? Vielen von uns ist das sechste Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“ bekannt. Aber steht es auch unter Strafe? Ich frage Dr. Google und werde fündig.

Steinigung und Peitschenhiebe für den Seitensprung

„Ein 27-jähriger Mann und eine 33-jährige Frau sind im Iran wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs zum Tode verurteilt worden. Das Urteil sei vor kurzem in der zweiten Instanz bestätigt worden, berichtete die Teheraner Tageszeitung Shargh am Wochenende. Außereheliche sexuelle Beziehungen zwischen verheirateten Männern und Frauen wird laut iranischem Gesetz mit Steinigung bestraft. Die zweite Instanz habe diese jedoch in eine Hinrichtung am Galgen umgewandelt, so Shargh. Das Urteil ist nicht unumstritten. Laut der Aussage der Ehefrau des Verurteilten hatte das Ehepaar in den vergangenen sechs Monate keinen Geschlechtsverkehr miteinander. Ein außerehelicher Geschlechtsverkehr ist laut dem iranischen Gesetz jedoch nur dann ein mit Todesstrafe geahndeter Ehebruch, wenn der Mann oder die Frau trotz der Möglichkeit regelmäßiger sexueller Betätigung in der Ehe fremdgeht. Andernfalls wird der Seitensprung mit 100 Peitschenhieben bestraft.“ *1

Die Islamische Republik Iran hat aufgrund internationalen Drucks im Jahr 2013 eine Veränderung im Gesetz vorgenommen. Danach kann die Steinigung durch das Gericht in eine Hinrichtung umgewandelt werden. Am Ende macht es jedoch keinen Unterschied. Todesstrafe für Fremdgehen. Man stelle sich das mal vor. Es hat mich natürlich brennend interessiert, ob Ehebruch auch in Deutschland strafbar ist. Ist es nicht. War es aber. Bis 1969. Geregelt in § 172 StGB. Krass, oder? Ich gestehe, ich bin erleichtert. Ehebruch find ich nach wie vor inakzeptabel. Ob allerdings der Gesetzgeber hier aktiv werden sollte, wage ich zu bezweifeln. 

 

Man stelle sich vor, es gäbe ein Gesetz, das Ehebruch und Beischlafvergehen regelt:

„(1) Wer in der Ehe oder Lebenspartnerschaft

  1. den Beischlaf mit einer dritten Person vollzieht (Ehebruch) oder
  2. sexuelle Handlungen außerhalb der Ehe oder Lebenspartnerschaft an sich vornehmen lässt oder selbst vornimmt wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.“ *2

April, April

Der oben zitierte Paragraph war ein Aprilscherz und wurde unter anderem auf Facebook veröffentlicht. Die Redakteure waren erstaunt über die positive Resonanz. Vor allem von Frauen. Also wenn es solch ein Gesetz mal geben sollte, mache ich sofort eine Detektei auf. Vor meinem inneren Auge entstehen Gefängnisse voll mit Ehebrechern.

Spaß beiseite. Was geht es den Gesetzgeber an, wer mit wem in die Kiste hüpft. Das sollte zwischen den betroffenen Parteien geklärt werden. Meine Kollegin ist da anderer Meinung. Sie fände es absolut probat dem Fremdgehen mittels hoher Strafen einen Riegel vorzuschieben und würde ein solches Gesetz begrüßen. Und das nicht nur für alle die Ehebrechenden sondern auch und vor allem für diese ungeliebte dritten Partei. „Aha“, sage ich. „Du würdest also deinen Mann gerne im Gefängnis sehen“. Sie windet sich. Ok. Ihn also nicht. Wen denn dann? Die Trulla! Natürlich. Um die geht es. „Stell Dir vor,“ sagt sie, „dein Nachbar besitzt einen Porsche. Nutzt ihn aber nicht. Den kannst Du auch nicht einfach nehmen und behaupten, dass er ihn ja doch nicht fahren würde.“ Stimmt, da hat sie recht. Aber ein Porsche kann sich auch nicht dafür oder dagegen entscheiden, hat keinen eigenen Willen. Ihr Kerl aber schon. Wenn nun eine Trulla meint, der Kerl ihrer Träume wird zu wenig „genutzt“, obliegt es immer noch dem Objekt der Begierde das zu dementieren oder dem zuzustimmen. Der Kerl meiner Kollegin war wohl der Ansicht, zu wenig genutzt zu werden und hat die spontanen Ausfahrten sehr genossen. Was für ein Arsch. Dennoch bleibe ich dabei. Fremdgehen ist eine aktive Entscheidung und geht nur die betroffenen Parteien etwas an. Am Ende müssen alle den Preis dafür bezahlen. Aber vor Gericht sollte das nicht geregelt werden.

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Liebe mich!

Menschen beobachten ist etwas Großartiges. Meistens artet es aber aus und über kurz oder lang sitzt man sprichwörtlich bei den beiden griesgrämigen Opas aus der Muppet Show, Waldorf und Stadler auf dem Balkon. Durch unseren Job als Coach haben wir gelernt tatsächlich einfach nur zu beobachten. Ohne Bewertung. Nur hinschauen, wahrnehmen und Hypothesen bilden. Würde ich jetzt behaupten niemals zu bewerten, wäre das gelogen. Es gibt Situationen, da platzt auch mir der Kragen und es ist mir schnurzegal, dass der- oder diejenigen triftige Gründe haben mag, sich so zu verhalten. Es nervt einfach. In den meisten Fällen gelingt es mir jedoch die Bewertung außen vor zu lassen, neugierig zu bleiben und zu verstehen. Weswegen erzähle ich das … nun ja, ich habe ein Paar beobachtet und mir so meine Gedanken gemacht.

Kreuzfahrt. Karibik. Seetag.

Ich sitze auf dem Spinnbike, radle mit toller Musik auf den Ohren vor mich hin, genieße den Blick aufs Meer und das Pooldeck und beobachte die Menschen. Ein Paar fällt mir auf. Beide liegen sie auf diesen Sonnenliegen, die viel zu dicht nebeneinander stehen. Genießen sie den Augenblick? Ich weiß es nicht. Plötzlich setzen sich beide auf und drehen sich um 90 Grad, so dass sie sich anschauen können. Auge in Auge sitzen sie voreinander. Er hat die Beine gegrätscht, so dass sie ihre Beine dazwischen stellen kann. Obwohl kaum Platz für die Beine ist, berühren sie sich nicht. Er beugt sich zu ihr, sie geht automatisch zurück. Er lehnt sich wieder zurück. Sie folgt der Bewegung. Er will sie berühren, sie weicht aus. Sie legt ihm die Hand auf den Oberschenkel, zieht sie wieder zurück. Er sagt etwas, sie antwortet. Er beugt sich wieder vor und will sie küssen, sie legt ihm die Hand auf den Mund. Das Spiel beginnt von vorn. Er sagt was, beugt sich vor, sie lehnt sich zurück. Faszinierend. Er versucht wieder sie zu küssen. Dieses Mal hebt sie die Hand und streckt den Zeigefinger nach oben, als würde sie eine „1“ andeuten. Der Mittelfinder kommt dazu. „2“. Ich frage mich, was bei den beiden abgeht. Zu gerne würde ich Mäuschen spielen. Seine Körpersprache hat etwas Flehendes, Bittendes. Ihre etwas Dominierendes, fast schon Ablehnendes. Ich werde es wohl nie erfahren. Es macht mich nachdenklich.

Beziehungen sind selten immer nur himmelhochjauchzend.

Laut David Schnarch, einem amerikanischen Paartherapeuten kann es in Beziehungen sogar längere Phasen geben, in denen die beiden Partner sich unfair und lieblos behandeln. Er nennt es den „normalen ehelichen Sadismus“. Es ist also völlig normal, dass hin und wieder der Haussegen schief hängt. Die Frage ist nur, wie das Paar damit umgeht. Das gilt übrigens nicht nur für Paar-beziehungen. Das gilt für jede Form von Beziehung. Auch im beruflichen Kontext. Ich bin der Ansicht, dass die wenigsten morgens aufstehen und sich überlegen, wem sie heute eins reinreichen können. Gerade in Paarbeziehungen ist zu empfehlen, eine gewisse Grundfreundlichkeit zu unterstellen. Umso nachdenklicher werde ich auf meinem Bike.

Darf ich dich küssen? Nein, darfst du nicht. Wer weiß schon, was zwischen den beiden, die ich beobachtet habe, passiert ist. Vielleicht wollte er sich für etwas entschuldigen. Vielleicht kämpft er gerade um ihre Liebe. Vielleicht braucht sie Zeit? Vielleicht ist sie in Gedanken und hat gerade keine Datei frei für Küsse. Vielleicht ist es aber auch einfach nur deren Dynamik in der Paarbeziehung.

Während ich so nachdenke, bin ich dankbar für die Art und Weise wie ich unsere Paarbeziehung erlebe. Es ist ein Geben und Nehmen. Leben und leben lassen. Beziehung war und ist für mich: 1 + 1 > 2. Ich habe „ja“ gesagt, mit dir zusammen zu sein. Ich habe mich für dich entschieden und ich entscheide mich jeden Tag aufs Neue für dich. Es steht dir frei, das Gleiche zu tun.

Für mich persönlich wäre es schrecklich, wenn mein Partner mich anbetteln würde: „Liebe mich“ oder „Ich tue alles was du willst. Bitte liebe mich.“ Das hat etwas von gefällig sein und aus meiner Sicht wenig mit Liebe zu tun.

Stabilität in mir bringt Stabilität in der Beziehung

Im Coaching nutze ich dafür gerne ein Modell. Ich schnappe mir zwei ähnlich große Objekte z. B. zwei Stifte und stelle beide auf den Tisch. Jeder Stift repräsentiert eine Partei in der Beziehung. Dann nehme ich ein drittes Objekt „die Beziehung“ und lege es auf die beiden Stifte. Je stabiler die beiden Parteien stehen, desto stabiler liegt „die Beziehung“ obenauf. Kippelt eine Partei, kippelt die Beziehung. Lehnt sich eine Partei an, steht also schief, muss die andere Partei ausgleichen. Heißt, je stabiler die beiden Parteien sind, desto leichter wird es, „die Beziehung zu tragen“.

Was aber braucht es, um stabil zu sein? Aus meiner Sicht das Wissen darüber, wer ich bin und was ich will. „Liebe mich“ kann durchaus etwas sein, das ich will. Die Frage ist nur, habe ich Einfluss darauf, dass mein Wunsch Wirklichkeit wird? Eher nicht. Man stelle sich vor, ich würde eine Liste der Dinge erhalten, die ich tun muss, damit ich geliebt werde. Wer sagt mir, dass ich dann auch wirklich geliebt werde. Womöglich bekomme ich nach erfolgreichem Abarbeiten der Liste eine nächste, so à la „ups vergessen“.

Manchmal passiert Liebe einfach. Oder besser Verliebtsein passiert einfach. Das war das mit dem Hormoncocktail 😉. Ob daraus eine Beziehung wird, ist eine Entscheidung. Ich kann mich entscheiden, einen Menschen zu lieben und mit ihm zusammen zu sein. Ich habe aber keinen Einfluss darauf, dass dieser Mensch auch mich liebt und mit mir zusammen sein möchte. Wie sagt Charifi so schön: „Ich liebe dich. Was geht dich das an.“ Indem ich weiß, wer ich bin und was ich will, ist es mir möglich zu definieren, was mir in einer Beziehung wichtig ist und kann so meinen Teil zu einer möglichen stabilen Beziehung beitragen. Damit hätte ich sogar so etwas wie eine Liste. Der oder die andere hat diese aber auch. Und wenn wir uns jetzt nicht selbst belügen, können wir prüfen, ob unsere Quasi-Listen zusammenpassen. Klingt einfach. Ist es aber nicht. Wir werden älter, weiser, das Umfeld verändert sich und vermutlich ändert sich das „was ich will“ auch immer mal wieder. Womöglich sogar das „wer bin ich“. 

 

Es gilt daher immer mal wieder zu checken, ob alles noch passt, was man besser machen kann und was verändert werden sollte. Im Job nennen wir das eine Retro. Vielleicht sollten wir in Paarbeziehung auch regelmäßige Retros einführen. Mein Mann und ich tun das. Oder anders gesagt, es ist sein Beitrag zum Gelingen unserer Beziehung. Nach dem Fremdgehdrama gibt es mir etwas mehr Sicherheit bzw. Gewissheit, dass wir frühzeitig Themen ansprechen. 

 

Eine Garantie gibt es mir nicht. Aber die brauche ich auch nicht.

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Wehret den Anfängen

Nicht meine Schuld

Aus heiterem Himmel passiert “es” – das, von dem du immer geglaubt hast, das passiert nur anderen Paaren. Aber doch nicht in deiner eigenen Beziehung! Weil die ja super ist, ihr euch gut versteht, tolle Kinder habt, mal mehr und mal weniger Sex, ein sicheres Einkommen, Haus, Hund, eben alles was man sich von seinem Leben erträumt hat. Da kann doch nix schief gehen.

 

Und plötzlich das: der Typ geht fremd! Du bist am Boden zerstört, verstehst die Welt nicht mehr. Die Träume von endless love ausgeträumt. Der Abgrund, vor dem du nun stehst, scheint kaum überwindbar. Der Schmerz, die Enttäuschung, dein Leiden sind so groß. Nie hast du dich elender gefühlt.

 

Und dann kommt jemand um die Ecke, am besten die eigene Mutter oder gar das eigene Kind, und sagt etwas wie “Naja, ich habe es ja irgendwie kommen sehen.  So ganz unschuldig bist du daran ja auch nicht!” Das bringt das Fass dann zum Überlaufen. Sind wir jetzt etwa in der Kategorie Ist doch klar, dass du ständig von komischen Typen angemacht wirst, so wie du dich anziehst. angekommen?’ Die Empörung schnürt mir fast die Luft ab.

 

Gegen die Vorstellung, ICH könnte mit all dem auch nur ansatzweise etwas zu tun haben, habe ich mich damals mit Händen und Füssen gewehrt. Vermutlich war der Schmerz für mich leichter zu ertragen, indem ich all meine Wut auf die aus meiner Sicht einzig Schuldigen projizieren konnte: auf meine Mann und diese Frau.

 

Irgendwann, als der erste Schock verdaut war und ich die Dinge etwas klarer sehen konnte, kamen erste Zweifel. Waren wirklich nur er und diese Trulla schuld an der Misere? Oder gab es tatsächlich Anzeichen, die ich nicht sehen konnte oder wollte? Was war mein Beitrag?

 

Ich habe diese kritische Auseinandersetzung als eine der bittersten Pillen in der gesamten Verarbeitung erlebt. Man schaut eben nicht gern in den Spiegel! Nicht bei diesen Themen. So schwer es auch war, irgendwann musste ich einsehen, dass auch ich meinen Teil dazu beigetragen hatte, dass unsere Beziehung aus den Fugen geraten war. Diese bittere Einsicht hatte auch etwas Gutes: ich konnte ab da versöhnlicher mit meinem Mann umgehen. Ich interessierte mich tatsächlich für seine Gefühlswelt und sah nicht nur einen durchgeknallten, sturzverliebten Midvierziger, sondern auch den Mann, der wie ich um das trauerte, was wir beide über einen zu langen Zeitraum versäumt hatten: uns kontinuierlich um uns und unsere Beziehung zu bemühen.

Es fängt mit Kleinigkeiten an

Das Tückische ist ja, dass es so harmlos anfängt. Erst schleichen sich Kleinigkeiten ein. Ein unter den Teppich gekehrter Konflikt, ein Tag ganz ohne Kuss, fehlendes Interesse an der Antwort auf die Frage “Wie geht es dir?”, Umarmungen werden seltener und ehe man sich versieht, lebt man nebeneinander her. Einsam in der Zweisamkeit. Zwei funktionierende Individuen.

 

Die US-amerikanischen Sozialforscher James Q. Wilson und George L. Kelling haben dieses Phänomen in Zusammenhang mit der Verwahrlosung von Stadtteilen in New York 1982 als “Broken Window Theory” bezeichnet.

 

“Diese Theorie besagt, dass harmlose Verstöße gegen die Norm, wie beispielsweise ein zerbrochenes Fenster, der Beginn für den vollständigen Niedergang eines ganzen Systems sind. Mögliche Beweise kann man viele finden. So wurde zur Unterlegung der Theorie ein vollkommen intakter Jaguar in die südliche Bronx gestellt. Vier Tage vergingen und das Auto konnte ohne Kratzer wieder abgeholt werden. Keiner kam auf die Idee, den Wagen anzufassen oder gar schlimmeres damit zu machen. Das gleiche Experiment wurde kurz darauf wiederholt. Allerdings hatte man dieses Mal eines der kleinen Fenster eingeschlagen. Innerhalb von vier Stunden lag das Auto auf dem Rücken, wurde angezündet und ausgenommen. Die Lehre aus diesem Test lautet: „Beschädige etwas und kümmere dich nicht darum, andere werden es somit genauso behandeln“.* 

Man muss aber nicht unbedingt ein Auto opfern, um den Beweis für eine solche Theorie zu erbringen. Die Beobachtung des eigenen Mikrokosmos reicht häufig aus. Jeden Freitag ist bei uns Aufräumtag. Ich liebe es einfach, wenn alles an seinem Platz ist. Wehe es lässt jemand was liegen. Bei fünf Personen im Haushalt leider nicht so einfach zu realisieren. Über das Wochenende lässt dieser Anspruch deshalb oft nach und die ersten Dinge befinden nicht mehr auf ihrem Platz. Das Chaos findet seinen Weg.

Dein Bauch weiß längst was Sache ist

Ergo, wehret den Anfängen. Wenn sich irgendwas komisch oder nicht mehr richtig anfühlt, ist Handeln bzw. Reden angesagt. Das haben wir damals nicht getan, weil immer irgendwas wichtiger war. Heute hat es für mich absolute Priorität. Ich halte die umgehende Klärung eines “Das-ist-ja komisch-Gefühls” für den wichtigsten Teil von Beziehungspflege. Denn wenn die zerbrochene Fensterscheibe nicht unverzüglich repariert wird, finden wir uns schnell in einer Bruchbude wieder.

Mal Hand aufs Herz: wo gibt es in Deiner Beziehung kleine Risse oder Mängel? Wäre nicht genau jetzt der richtige Zeitpunkt, sie in Ordnung zu bringen?

*https://www.thewebhatesme.com/fuehrung/zerbrochene-fenster/

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Warum hast du das gemacht?

Kürzlich haben Anne und ich ein Führungskräfteseminar begleitet. Es ging unter anderem darum, welche Fragen in einem Mitarbeitergespräch sinnvoll und hilfreich sind. Es entbrandete eine Diskussion um die Frage „Warum?“. Für systemische Coaches wie wir sie sind, ist die Frage nach dem „Warum?“ rückwärtsgerichtet, problemorientiert und wenig hilfreich, um lösungsorientiert zu arbeiten. Das mag zwar logisch klingen, hat unsere Teilnehmer:innen aber null überzeugt. Und während wir der Diskussion interessiert lauschten, mussten wir beide schmunzeln. Hat uns die Frage nach dem „Warum?“ bis heute nicht so ganz losgelassen. Warum hat er das gemacht?

 

„Warum?“ ist weltweit in jeder Kultur die am meisten gestellte Frage

Wusstet ihr, dass diese Frage „Warum?“ weltweit in jeder Kultur die am meisten gestellte Frage ist? Warum? Vermutlich weil Kinder die besten Warumfrager überhaupt sind. Als meine Tochter klein war, fragte sie beispielsweise, warum ich mich morgens schminke. Ich mache das wirklich jeden Morgen, egal ob ich etwas vorhabe oder nicht. Ich erklärte ihr, dass das zu meinen Gewohnheiten gehört. Wenn ich aufstehe, richte ich mich für den Tag. Warum? Nun ja, weil ich mich dann nicht in aller Eile fertig machen muss, sollte jemand kommen oder ich wegmüssen. Warum? Weil ich mich besser fühle und mich hübsch finde. Warum? Irgendwann ging mir dann die Puste aus …. Ja, warum eigentlich? Hm …

Warum? Warum? Warum? In einer Zeit, in der Zeit gefühlt knapp ist, kann diese Fragerei echt anstrengend sein, gerade wenn Kinder scheinbar sinnloses fragen. Mein Ansinnen war und ist, wer fragt, bekommt eine Antwort. Und obwohl wir Erwachsenen mit dem Beantworten von Fragen zum Held der „Kleinen“ werden könnten, machen sich nur wenige diese Mühe. Mein Aha-Erlebnis hatte ich, als die Tochter eines Freundes mir Löcher in den Bauch fragte, ich brav antwortete und sie mir dann die Frage stellte, warum ich denn all diese Fragen beantworte. Häh? Etwas irritiert sagte ich ihr dann, dass sie auf Fragen selbstverständlich auch Antworten bekommt. Dafür stellt man Fragen. Aha, meinte sie dann nachdenklich. Offensichtlich war ihr das neu und ich eine Ausnahme.

 

Wie sinnvoll ist die Frage nach dem WARUM?

Wie sinnvoll ist die Frage nach der Ursache, dem Grund, dem Zweck oder dem Motiv. Im Prinzip ist die Frage die Basis für all das, was danach geschieht. Das Warum führt uns zum Verstehen und Begreifen von Zusammenhängen. Erst wenn wir die Zusammenhänge verstehen, sind wir Teil dessen, was gerade passiert oder passiert ist. Dann ist es uns auch möglich, Teil der Ursache zu „werden“ und Probleme zu lösen oder unseren Beitrag nach den eigenen Wertvorstellungen zu leisten.

Im Allgemeinen führt das „interessierte Entdecken“ von Wissen zu immer mehr Fragen, mit dem Ziel ein vollständiges Bild der Situation zu entwickeln. Je klarer das Bild, desto zukunftssichere fühlen wir uns. Manche zumindest. Ich erinnere mich mit Grauen an meine erste ISO 9001-Zertifizierung. Nach dem 10. „Warum“ klebte ich unter der Decke und die Zertifizierungs-Dame war sichtlich genervt, ob meiner wenig unterstützenden Haltung. 

 

Mit warum kann ich einfach nicht (mehr) umgehen

Mit warum kann ich einfach nicht (mehr) umgehen. Trotzdem stellte auch ich diese Frage als mein Mann mir eröffnete, dass er seit vier Jahren eine Affäre hatte. Warum hast du das getan? Warum sprichst du nicht mit mir? Warum? Warum, ist die Banane krumm? Ein Achselzucken war damals die Antwort. Keine Ahnung. Er kann es sich bis heute nur bedingt erklären.

Wenn wir unseren Partner:in verstehen wollen, dann hilft es, wenn wir sein/ihr Verhalten nicht be- oder verurteilen, sondern uns einfach nur fragen, warum er/sie das tut? Wir nehmen dadurch innerlich Abstand und betrachten sie auf einer sachlichen Ebene. Nicht ganz leicht. Ich habe noch Niemanden getroffen, der Fremdgehen unemotional betrachtet. Dennoch. Wenn wir uns auf einen imaginären Regiestuhl setzen und zu verstehen versuchen, warum die Tat stattfindet; und warum sie diese Wirkung auf uns hat, kommen wir eher zu einer Antwort, als wenn wir warum, warum fragen. Im Buch hatten wir die Frage nach „Was sagt dir deine Angst?“ und „Was sagt dir deine Wut“ gestellt. Im Allgemeinen ist es also ratsam, die eigenen Wünsche und Ziele zu hinterfragen. Also das Warum, das Wozu und Wofür. Was ist mein Grund, was ist mein Ziel, was ist der Zweck – und stimmt das Ganze mit meinen inneren Wertvorstellungen überein, um dann Schlüsse zu ziehen.

 

Stelle nur Fragen, auf die du auch bereit bist, die Antwort zu hören

Nicht immer muss man das Warum kennen. Meist resultiert aus einer einfachen Frage die nächste Warum-Frage – ein schier endloser Vorgang mit Höhen und Tiefen. Und Hand aufs Herz. Wollen wir wirklich im Detail wissen, warum der Kerl fremdgegangen ist? In unserer Arbeit betonen wir gerne: „Stelle nur Fragen, auf die du auch bereit bist, die Antwort zu hören?“ und „Überlege dir gut, was du mit der Antwort machst?“

 

Ergo: Frage weise!

 

 

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Ich brauche einen neuen Kopf. Der alte denkt zu viel.

Mein Mann und ich sind glücklich. Es läuft besser denn je. Irgendwie scheint seine wahnwitzige Aktion des Fremdgehens auch seine guten Seiten zu haben. Doch es gibt eben auch die andere Seite der Medaille. Und die wird mir bewusst, als ich „Your Song“ von Elton John höre. Ich gehöre ja zu den Menschen, die nicht nur die Melodie in sich aufnehmen, sondern auch den Text, was manchmal echt nervig ist. Was da ab und an für ein Schwachsinn verzapft wird. Unglaublich. Aber ich schweife ab. Ich höre „How wonderful life is while
you’re in the world“ und merke, wie ich traurig werde. Dieser Satz würde so nicht mehr über die Lippen komme. Warum eigentlich nicht?

Er war mein ein und alles

Ich erinnere mich an Zeiten, in denen ich zur Arbeit fuhr, in Gedanken bei der Liebe meines Lebens. Dieses wohlige Gefühl werde ich nie vergessen. Es war wundervoll. In diesen Augenblicken fühlte mich ihm ganz nah. Auch nach all den Jahren noch, die wir schon zusammen waren. Ich war glücklich, dass es diesen wundervollen Menschen in meinem Leben gab und ich war stolz, dass wir zusammengehörten. Für mich war er mein ein und alles. Und jetzt? Ja wie erkläre ich das? Im Jetzt ist alles gut. Ich bin glücklich. Genieße. Freue mich. Aber alles, was VOR dieser unsäglichen Zeit stattfand, stelle ich in Frage. Als wäre das, was wir hatten eine einzige Lüge gewesen. Denn wenn es echt gewesen wäre, wäre er nicht fremdgegangen. Ist doch so, oder etwas nicht?

 

Als ein sehr guter Freund meines Mannes mich bei einem Abendessen daran erinnerte, wie begeistert mein Mann von mir ist, wie sehr er von mir schwärmt und wie toll er mich immer noch findet, erwische ich mich, wie ich abwinke. Ich kann diese Begeisterung nicht wertschätzen. Und ärgere mich darüber. Es fällt mir schwer über meinen Schatten zu springen und ich bedaure so sehr, dass ich es aktuell nicht schaffe, von ganzem Herzen zu lieben. Es schien alles so unbeschwert, so leicht. Und jetzt? Alles weg. Verloren. Verborgen hinter Bildern von Frauen, die er in mein Leben gedrängt hat. Frauen, die ich nicht kenne und auch nicht kennen möchte. Es fühlt sich an, als würde unsere Liebe ohne Fundament sein. Ich liebe ihn. Ohne Zweifel. Aber nicht mehr wie früher. Ist das gut? Oder schlecht? Oder einfach nur anders? So ein Supergau geht einfach nicht spurlos vorüber. Und ich bin echt schlecht im Verdrängen. In meinem früheren Leben muss ich ein Elefant gewesen sein. Mist!

Täglich grüßt das Murmeltier

Mein Coach würde sagen, ich drehe eine Ehrenrunde. Vermutlich denke ich zu viel. Während Männer angeblich zu viel schweigen, denken Frauen zu viel. Laut der Psychologin Susan Nolen-Hoeksema [1] tappen Frauen tatsächlich öfter in die Grübelfalle, während Männer eher Antriebslosigkeit oder Versagensängste plagen. Sie verweist dabei auch auf Geschlechterunterschiede in der Hirnaktivität, wonach Männer bei Entscheidungen vor allem das rechte Stirnhirn, das auch an der emotionalen Kontrolle beteiligt ist, aktivieren und bei Frauen sich vermehrt die linke (sprachbegabte) Hemisphäre regt. Überspitzt gesagt: Männer wollen Probleme wegdrücken, Frauen darüber reden. Nolen-Hoeksema betont aber auch, dass diese Unterschiede zwischen Männern und Frauen keineswegs biologisch bedingt sind, dennoch klingt es irgendwie vertraut. Spannend ist, dass sie drei Formen des weiblichen Grübelns unterscheidet: übertreibendes, chaotisches und sich selbst verstärkendes. Während die erste Form eine einfach Überbetonung eines Ereignisses ist, werden bei der zweiten Form Dinge verquickt, die nichts miteinander zu tun haben. Mir kommen da gleich Zahnpastatuben und vergessene Jahrestage in den Sinn. Bei der dritten Form versteifen sich die Betroffenen auf bestimmte, vermeintlich unbezweifelbare Annahmen, unter denen sie dann leiden. Die klassische Selbstabwertung, wie wir sie im Coaching bezeichnen würden. Darin erkenne ich mich wieder. Ich versinke mal wieder in Selbstmitleid und frage mich warum? Aber nicht „Warum hast du das gemacht?“, sondern „Warum passiert gerade mir das?“, „Womit habe ich das verdient?“. Ich drehe mich im Kreis und fühle mich wie in „Täglich grüßt das Murmeltier“.

Ich gönne mir eine Ehrenrunde!

Es kotzt mich an, dass mein Mann so ein Arsch war. Ich bin traurig, dass es nicht mehr so unbeschwert ist, wie es mal war. Es nervt mich, dass ich immer wieder an diese blöden Weiber denke. Sollte ich es halten wie diese Carina in „Ich schenke dir die Hölle auf Erden“? Ne, das bin ich nicht. Und es hilft ja nichts. Ich liebe ihn. Trotzdem. Also, Augen zu und durch und dem Gehirn eine Pause gönnen. Sehen wir es doch mal so. Ich habe mich entschieden bei ihm zu bleiben. Was ich mir aber ab und zu gönne ist eine Ehrenrunde.

[1] vgl. Locker Lassen, Stev Ayan, Klett-Cotta, 2016
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It’s ok to be sad after making the right decision

Hab Verständnis für dein HERZ,

wenn es länger braucht,

etwas zu akzeptieren,

was dein Verstand schon lange weiß.

(M. Charifi)

Das Buch ist fertig. „Und?“, fragen uns Freunde, „Wie fühlt sich das an?“ „Großartig“. Da sind wir uns einig. Fast zwei Jahre hat uns dieses Projekt begleitet. Es war eine Zeit voller Hochs und Tiefs. Beide waren wir froh, als wir die Druckunterlagen freigegeben haben. Wir wollten endlich mit diesem leidigen Thema „Fremdgehen“ abschließen. Gestern hatten wir dann das Buch druckfrisch in der Hand. Mein größter Alptraum war ja, ich schlage das Buch auf und sehe auf Anhieb einen Fehler. Glücklicherweise war dem aber nicht so. Vermutlich sind welche drin, denke ich mir, da auch 100maliges Lesen nicht garantiert, dass es fehlerfrei ist. Aber scheiss drauf. Wir finden, da ist uns was ganz Besonderes gelungen und sind beide mega stolz.


Freude und Traurigkeit liegen manchmal ganz nah beieinander

Jetzt sitzen wir beim Italiener und wollen eigentlich feiern. Aber Anne starrt gedankenverloren ins Nichts. Eine Träne läuft ihr über die Wange. Es macht mich traurig sie so zu sehen, weil ich mir gut vorstellen kann, was in ihr vorgeht. Sie dreht gerade eine Ehrenrunde. Auslöser war ein einziger Satz. „Wir hätten nicht so schnell wieder zum Alltag übergehen sollen und uns mehr auf die Kinder konzentrieren sollen,“ sagte ihr Mann. Und da flippte sie aus. Weil sie genau das immer macht. Sich um alles kümmern und ganz besonders um die Kinder. Das kann man von ihm nicht sagen. War er doch derjenige, der von heute auf morgen sie und die Kinder für eine andere Frau verlassen hat. Sie sah rot. Ich bin mir sicher, dass er das irgendwie anders gemeint hat. Aber das konnte sie nicht erkennen. Trigger ist Trigger. Ich sehe die Traurigkeit. Aber auch die Wut. „Es ist so unfair“, sagt sie. Ja, das ist es. Aber nicht zu ändern.


Wir reden. Wir sind füreinander da.

Wir reden. Mal wieder. Es wird nicht das Letzte mal sein. Wir sind füreinander da. Fremdgehen macht einfach unfassbar viel kaputt. Es ist nicht wieder gut zu machen. Wir fragen uns, ob wir je wieder Leichtigkeit in der Beziehung erleben werden. Ob wir je wieder so vertrauen, wie wir es vor der Katastrophe getan haben. Vermutlich nicht. Beide starren wir dann noch ein wenig ins Nichts, jede in ihrer eigenen Gedankenwelt gefangen. Dann schauen wir uns an, atmen tief durch, zucken mit den Achseln und grinsen, weil wir beide morgen einen Workshop haben auf den wir uns unbändig freuen. Und dann schaffen wir es endlich unser Buch zu feiern. Es ist so cool geworden.

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Hilfe! Ich schaff das nicht!

Ich dachte, das wird ein lustiger Mädelsnachmittag. Falsch gedacht. Eine der Mädels hatte ein Häufchen Elend dabei. Die große Schwester. Frisch verlassen. Nach 26 Jahren Ehe hatte der Göttergatte entschieden, sich eine andere zu nehmen.

„Wie lange geht das schon?“, fragen die Mädels. „Seit Anfang des Jahres“, schnüffelt sie. Sie wird mit Fragen bombardiert und schafft es sich zu beruhigen, während sie erzählt. Ich höre nur zu und beobachte. Täglich grüßt das Murmeltier denke ich. Jede Geschichte ist irgendwie gleich und doch anders. Ich kann den Schmerz so gut verstehen. Der Körper erinnert sich. Ich erinnere mich.

Sie hat das Buch schon gelesen, sagen die Mädels und schauen mich erwartungsvoll an. Das ist schön denke ich, bringt nur nichts. Wenn es so einfach wäre, hätten wir wohl schon längst einen Nobelpreis verdient.

 

Sie hat noch nicht akzeptiert, dass das alte Leben vorbei ist. 

Ich betrachte diese Frau und sehe ihre Traurigkeit. Ich sehe aber auch ihre Hilflosigkeit. Sie ist noch nicht soweit, mit dem Buch etwas anfangen zu können. Sie hat noch nicht akzeptiert, dass das alte Leben vorbei ist. Noch klammert sie. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Ich bin hin und her gerissen, ob ich etwas sagen soll. Im Prinzip geht mich das nichts an. Ich habe keinen Auftrag. Zudem habe ich frei. Es ist Sonntag. Mich ärgern aber die wenig hilfreichen Kommentare der anwesenden Gäste. Egal ob männlich oder weiblich. Die Ärmste wird beschwatzt wir ein sturer Esel, der nicht laufen will. Sie nickt, sie weint und was mich innerlich ausflippen lässt, sie wird durch die Angriffe auf ihren Mann eingeladen, ihn zu verteidigen. Sie liebt ihn. Immer noch. Trotzdem. Sie will ihn wieder haben. Und erhält 1.000 Tipps, was sie tun und lassen soll. Ich könnte schreien.

 

Einfach nur da sein ist manchmal besser als jeder Rat

„Wir müssen zusammenhalten,“ sagen die Mädels. Ja, das müssen wir. Aber nicht in dieser Sache. Wir haben keine Ahnung, was da bei den beiden los ist. Und wir werden es vermutlich auch nie in Gänze verstehen. Müssen wir auch nicht. Große Augen schauen mich an. Ich habe das laut gesagt. Mist. Also erkläre ich mich und frage, ob ihnen aufgefallen ist, dass die Dame ihren Mann verteidigt hat. Dass sie im Moment alles tut, um ihn zurück zu bekommen. Dass sie noch nicht akzeptiert hat, dass ihre Ehe erstmal zu Ende ist. Alles was sie an gut gemeinten Ratschläge bekommt, fällt nicht auf fruchtbaren Boden. Es ist zu früh. Was sie braucht, ist eine Schulter zum Ausweinen. Vielleicht Ablenkung. Vielleicht Trost. Vielleicht aber auch Ruhe und Alleinsein. Wir drängen uns immer gerne auf und wollen helfen. Das ist zwar ein wunderbarer Ansatz, manch einem will aber nicht geholfen werden. Insofern wäre es besser zu fragen, was man denn für die tun kann. Ob sie reden will? Oder lieber einfach nur dabei sein? Betroffen blicken mich die Mädels an. Und jetzt? Und jetzt sage ich, fahren wir nach Hause. Ich zumindest. Es ist spät und kalt und im Dunkeln fahre ich nicht so gerne Motorrad. Also machen wir uns auf den Weg.


Ein Schritt nach dem anderen

Bevor wir fahren, frage ich die Dame noch, ob sie jemanden hat, mit dem sie reden kann. „Ja, viele Freunde“. „Ne, das meinte ich nicht“, sage ich ihr. Ob sie einen Coach oder Therapeuten hat. Hat sie. Das ist gut. Freunde sind wichtig. Aber meist sind sie nicht die richtigen Ansprechpartner für diese Themen. Zu nah dran. Zu parteiisch. Was es jetzt braucht, ist jemand, der ihr hilft, sich selbst zu entdecken. Herauszufinden, wer sie ist und was sie will. „Ich will ihn zurück“, sagt sie. Das verstehe ich so gut. Sie beschreibt, was sie alles macht, um ihn zurückzubekommen. „Und?“, frage ich, „was sagt er dazu?“. „Es nervt ihn“, ist die Antwort. „Also ist dieser Weg nicht so erfolgreich?“ „Nein, ist er nicht“, weint sie. „Dann schau doch mal auf dich. Was dir wichtig ist und was dich ausmacht“, sage ich behutsam und dann brechen die Dämme. „Ich schaffe das nicht!“, schluchzt sie.  Ich versuche zu verstehen, was sie mir sagen will und ahne was es ist. Sie war immer für ihn und die Familie da, hat alles gemacht, sich aufgeopfert. Ich sehe ihren Schmerz und hab Tränen in den Augen. Vor mir tut sich ihr Weg auf. Er ist so weit. Aber sie wird ihn gehen. Einen Schritt nach dem anderen.manc

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Mit oder ohne Kondom?

Mal angenommen euer Partner wäre fremdgegangen, könntet ihr das eher verzeihen, wenn er/sie dabei mit Kondom verhütet hat, um sicherzugehen dass wirklich nichts passiert? [1]

 

Hand aufs Herz. Wann habt ihr die Frage gestellt, ob er beim Fremdgehen wenigstens ein Kondom verwendet hat? Ich meine jetzt nicht in Gedanken sondern laut ausgesprochen. Ich muss gestehen, es war nicht die erste Frage, die mir über die Lippen kam. Ich ging einfach davon aus, dass er eins benutzt hat. Sich und die Trulla aber und vor allem mich geschützt hat. Ganz schön naiv.

 

Nur 11% der Frauen bestehen auf ein Kondom

Eine Studie der Dating-Plattform Victoria Milan, eine Seite für Verheiratete oder Vergebene Frauen und Männer, die eine Affäre suchen, fand nämlich heraus, dass immer mehr Menschen bei einem Seitensprung auf das Kondom verzichten[2]. Unvorstellbar, aber wahr. In der Studie wurden weltweit 12.000 Männer aus insgesamt 21 Ländern befragt, ob die Frauen, mit denen sie eine Affäre eingehen, auf ein Kondom bestehen. Wir wundern uns etwas, warum man diese Frage so stellt und nicht anders, aber wir haben die Fragen ja nicht formuliert. Interessant ist, dass laut Studie lediglich 11% der Frauen auf ein Kondom bestehen. 11%. Das heißt, der größte Teil poppt ohne. Wahnsinn. Es geht dabei ja nicht nur um das Risiko sich eine Geschlechtskrankheit wie z.B. Tripper, Chlamydien oder sogar HIV einzufangen, es geht auch um Verhütung. Als wir für unser Buch mit betroffenen Frauen gesprochen haben, war auch die ein oder andere dabei, deren Mann die Geliebte geschwängert hat. Fremdvögeln ist schon ein Unding. Ungeschützt vögeln, wenn man in einer festen Beziehung ist, toppt das Ganze. Aus Versehen Kinder zu zeugen, mit einer Frau, mit der man nicht leben will, macht mich sprachlos.

Ich kann mich gut an Situationen erinnern, in denen ich den Herrn meines Herzens in der ersten Phase des Verliebtseins daran erinnern musste, ein Kondom zu nutzen. Ausreden wie „Du verhütest doch“, „Ich pass schon auf“ oder „Ich bin gesund“, waren am Anfang noch witzig, aber im Ernst, warum muss ich als Frau daran erinnern? Warum ist das nicht selbstverständlich? Gesundheit und Verhütung geht doch beide an.

 

Der Gedanke, dass er ohne Kondom fremdgegangen ist und danach mit mir Sex hatte, ekelte mich an. 

 Die oben stehende Frage hat mich beschäftigt. Der Gedanke, dass er ohne Kondom fremdgegangen ist und danach mit mir Sex hatte, ekelte mich an. Zum einen, weil er mich mit allen möglichen Krankheiten hätte anstecken können und zum andern, weil ich den Gedanken daran einfach widerlich fand. „Würde ich fremdgehen eher verzeihen, wenn er ein Kondom benutzt?“ Nein. Sicher nicht. Es gäbe dafür nicht einmal mildernde Umstände. In einer festen Beziehung möchte ich nicht ständig darüber nachdenken müssen, ob ich zur Sicherheit doch ein Kondom nutzen sollte.

 

Ich habe lange gebraucht, meinem Mann die Frage nach dem Kondom zu stellen. Ich weiß nicht, warum ich sie so lange vor mir herschob? Ob es Scham war, in diese intimen Sphären einzutauchen oder Angst vor der Antwort, die mich hat zögern lassen. Vielleicht war es aber auch einfach nur meine Ausbildung. Was mache ich mit der Antwort auf die Frage? Ändert die Antwort etwas? Was wenn er mir verkündet, dass er mit der Frau ungeschützten Sex hatte, weil sie eine Latex-Allergie hat oder weil sie es im Eifer des Gefechts einfach vergessen haben, ein Kondom zu nutzen oder weil es sich ohne Gummi einfach besser anfühlt? Was wenn er einmal mehr die Achsel zuckt? Mache ich dann doch Schluss? Schreie ich ihn an? Weine ich leise vor mich hin? Ziehe ich mich enttäuscht zurück?

Am Ende bringt mir die Antwort nicht wirklich etwas. Und trotzdem will ich es wissen. Ich will wenigstens in diesem Fall das Bild meines Mannes, das selbstverständlich aus meinem Farbkasten ist, bestätigt sehen. Nach all der Enttäuschung suche ich nach den Überresten seiner Wertewelt. Bitte lass ihn wenigstens Kondome genutzt haben. Also frage ich und erlebe, wie es mich etwas beruhigt, als er sagte, dass das ja wohl eine Selbstverständlichkeit sei. Abgefahren 😊