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Gehört Ehebruch vor Gericht?

Ist Ehebruch ein Vertragsbruch und gehört vor Gericht?

Interessiert schaue ich meine Kollegin an. Ein Fremdgänger vor Gericht. Wir soll das gehen, frage ich mich. „Wir haben einen Vertrag abgeschlossen als wir heirateten. Wenn Verträge gebrochen werden, ist das normalerweise strafbar.“ Ganz unrecht hat sie damit nicht. Aus dieser Perspektive habe ich das noch nie gesehen. Mein Kopfkino überschlägt sich. Wer zeigt denn da wen an? Wer beurteilt, ob das Ehebruch war? Muss man auf frischer Tat ertappen? Ich stelle mir vor, wie die sowieso schon überlasteten Gerichte, fremdgehende Menschen im Akkord verurteilen. Gibt es das überhaupt noch? Vielen von uns ist das sechste Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“ bekannt. Aber steht es auch unter Strafe? Ich frage Dr. Google und werde fündig.

Steinigung und Peitschenhiebe für den Seitensprung

„Ein 27-jähriger Mann und eine 33-jährige Frau sind im Iran wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs zum Tode verurteilt worden. Das Urteil sei vor kurzem in der zweiten Instanz bestätigt worden, berichtete die Teheraner Tageszeitung Shargh am Wochenende. Außereheliche sexuelle Beziehungen zwischen verheirateten Männern und Frauen wird laut iranischem Gesetz mit Steinigung bestraft. Die zweite Instanz habe diese jedoch in eine Hinrichtung am Galgen umgewandelt, so Shargh. Das Urteil ist nicht unumstritten. Laut der Aussage der Ehefrau des Verurteilten hatte das Ehepaar in den vergangenen sechs Monate keinen Geschlechtsverkehr miteinander. Ein außerehelicher Geschlechtsverkehr ist laut dem iranischen Gesetz jedoch nur dann ein mit Todesstrafe geahndeter Ehebruch, wenn der Mann oder die Frau trotz der Möglichkeit regelmäßiger sexueller Betätigung in der Ehe fremdgeht. Andernfalls wird der Seitensprung mit 100 Peitschenhieben bestraft.“ *1

Die Islamische Republik Iran hat aufgrund internationalen Drucks im Jahr 2013 eine Veränderung im Gesetz vorgenommen. Danach kann die Steinigung durch das Gericht in eine Hinrichtung umgewandelt werden. Am Ende macht es jedoch keinen Unterschied. Todesstrafe für Fremdgehen. Man stelle sich das mal vor. Es hat mich natürlich brennend interessiert, ob Ehebruch auch in Deutschland strafbar ist. Ist es nicht. War es aber. Bis 1969. Geregelt in § 172 StGB. Krass, oder? Ich gestehe, ich bin erleichtert. Ehebruch find ich nach wie vor inakzeptabel. Ob allerdings der Gesetzgeber hier aktiv werden sollte, wage ich zu bezweifeln. 

 

Man stelle sich vor, es gäbe ein Gesetz, das Ehebruch und Beischlafvergehen regelt:

„(1) Wer in der Ehe oder Lebenspartnerschaft

  1. den Beischlaf mit einer dritten Person vollzieht (Ehebruch) oder
  2. sexuelle Handlungen außerhalb der Ehe oder Lebenspartnerschaft an sich vornehmen lässt oder selbst vornimmt wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.“ *2

April, April

Der oben zitierte Paragraph war ein Aprilscherz und wurde unter anderem auf Facebook veröffentlicht. Die Redakteure waren erstaunt über die positive Resonanz. Vor allem von Frauen. Also wenn es solch ein Gesetz mal geben sollte, mache ich sofort eine Detektei auf. Vor meinem inneren Auge entstehen Gefängnisse voll mit Ehebrechern.

Spaß beiseite. Was geht es den Gesetzgeber an, wer mit wem in die Kiste hüpft. Das sollte zwischen den betroffenen Parteien geklärt werden. Meine Kollegin ist da anderer Meinung. Sie fände es absolut probat dem Fremdgehen mittels hoher Strafen einen Riegel vorzuschieben und würde ein solches Gesetz begrüßen. Und das nicht nur für alle die Ehebrechenden sondern auch und vor allem für diese ungeliebte dritten Partei. „Aha“, sage ich. „Du würdest also deinen Mann gerne im Gefängnis sehen“. Sie windet sich. Ok. Ihn also nicht. Wen denn dann? Die Trulla! Natürlich. Um die geht es. „Stell Dir vor,“ sagt sie, „dein Nachbar besitzt einen Porsche. Nutzt ihn aber nicht. Den kannst Du auch nicht einfach nehmen und behaupten, dass er ihn ja doch nicht fahren würde.“ Stimmt, da hat sie recht. Aber ein Porsche kann sich auch nicht dafür oder dagegen entscheiden, hat keinen eigenen Willen. Ihr Kerl aber schon. Wenn nun eine Trulla meint, der Kerl ihrer Träume wird zu wenig „genutzt“, obliegt es immer noch dem Objekt der Begierde das zu dementieren oder dem zuzustimmen. Der Kerl meiner Kollegin war wohl der Ansicht, zu wenig genutzt zu werden und hat die spontanen Ausfahrten sehr genossen. Was für ein Arsch. Dennoch bleibe ich dabei. Fremdgehen ist eine aktive Entscheidung und geht nur die betroffenen Parteien etwas an. Am Ende müssen alle den Preis dafür bezahlen. Aber vor Gericht sollte das nicht geregelt werden.

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Gedankenwelt Hilfe zur Selbsthilfe

Liebe mich!

Menschen beobachten ist etwas Großartiges. Meistens artet es aber aus und über kurz oder lang sitzt man sprichwörtlich bei den beiden griesgrämigen Opas aus der Muppet Show, Waldorf und Stadler auf dem Balkon. Durch unseren Job als Coach haben wir gelernt tatsächlich einfach nur zu beobachten. Ohne Bewertung. Nur hinschauen, wahrnehmen und Hypothesen bilden. Würde ich jetzt behaupten niemals zu bewerten, wäre das gelogen. Es gibt Situationen, da platzt auch mir der Kragen und es ist mir schnurzegal, dass der- oder diejenigen triftige Gründe haben mag, sich so zu verhalten. Es nervt einfach. In den meisten Fällen gelingt es mir jedoch die Bewertung außen vor zu lassen, neugierig zu bleiben und zu verstehen. Weswegen erzähle ich das … nun ja, ich habe ein Paar beobachtet und mir so meine Gedanken gemacht.

Kreuzfahrt. Karibik. Seetag.

Ich sitze auf dem Spinnbike, radle mit toller Musik auf den Ohren vor mich hin, genieße den Blick aufs Meer und das Pooldeck und beobachte die Menschen. Ein Paar fällt mir auf. Beide liegen sie auf diesen Sonnenliegen, die viel zu dicht nebeneinander stehen. Genießen sie den Augenblick? Ich weiß es nicht. Plötzlich setzen sich beide auf und drehen sich um 90 Grad, so dass sie sich anschauen können. Auge in Auge sitzen sie voreinander. Er hat die Beine gegrätscht, so dass sie ihre Beine dazwischen stellen kann. Obwohl kaum Platz für die Beine ist, berühren sie sich nicht. Er beugt sich zu ihr, sie geht automatisch zurück. Er lehnt sich wieder zurück. Sie folgt der Bewegung. Er will sie berühren, sie weicht aus. Sie legt ihm die Hand auf den Oberschenkel, zieht sie wieder zurück. Er sagt etwas, sie antwortet. Er beugt sich wieder vor und will sie küssen, sie legt ihm die Hand auf den Mund. Das Spiel beginnt von vorn. Er sagt was, beugt sich vor, sie lehnt sich zurück. Faszinierend. Er versucht wieder sie zu küssen. Dieses Mal hebt sie die Hand und streckt den Zeigefinger nach oben, als würde sie eine „1“ andeuten. Der Mittelfinder kommt dazu. „2“. Ich frage mich, was bei den beiden abgeht. Zu gerne würde ich Mäuschen spielen. Seine Körpersprache hat etwas Flehendes, Bittendes. Ihre etwas Dominierendes, fast schon Ablehnendes. Ich werde es wohl nie erfahren. Es macht mich nachdenklich.

Beziehungen sind selten immer nur himmelhochjauchzend.

Laut David Schnarch, einem amerikanischen Paartherapeuten kann es in Beziehungen sogar längere Phasen geben, in denen die beiden Partner sich unfair und lieblos behandeln. Er nennt es den „normalen ehelichen Sadismus“. Es ist also völlig normal, dass hin und wieder der Haussegen schief hängt. Die Frage ist nur, wie das Paar damit umgeht. Das gilt übrigens nicht nur für Paar-beziehungen. Das gilt für jede Form von Beziehung. Auch im beruflichen Kontext. Ich bin der Ansicht, dass die wenigsten morgens aufstehen und sich überlegen, wem sie heute eins reinreichen können. Gerade in Paarbeziehungen ist zu empfehlen, eine gewisse Grundfreundlichkeit zu unterstellen. Umso nachdenklicher werde ich auf meinem Bike.

Darf ich dich küssen? Nein, darfst du nicht. Wer weiß schon, was zwischen den beiden, die ich beobachtet habe, passiert ist. Vielleicht wollte er sich für etwas entschuldigen. Vielleicht kämpft er gerade um ihre Liebe. Vielleicht braucht sie Zeit? Vielleicht ist sie in Gedanken und hat gerade keine Datei frei für Küsse. Vielleicht ist es aber auch einfach nur deren Dynamik in der Paarbeziehung.

Während ich so nachdenke, bin ich dankbar für die Art und Weise wie ich unsere Paarbeziehung erlebe. Es ist ein Geben und Nehmen. Leben und leben lassen. Beziehung war und ist für mich: 1 + 1 > 2. Ich habe „ja“ gesagt, mit dir zusammen zu sein. Ich habe mich für dich entschieden und ich entscheide mich jeden Tag aufs Neue für dich. Es steht dir frei, das Gleiche zu tun.

Für mich persönlich wäre es schrecklich, wenn mein Partner mich anbetteln würde: „Liebe mich“ oder „Ich tue alles was du willst. Bitte liebe mich.“ Das hat etwas von gefällig sein und aus meiner Sicht wenig mit Liebe zu tun.

Stabilität in mir bringt Stabilität in der Beziehung

Im Coaching nutze ich dafür gerne ein Modell. Ich schnappe mir zwei ähnlich große Objekte z. B. zwei Stifte und stelle beide auf den Tisch. Jeder Stift repräsentiert eine Partei in der Beziehung. Dann nehme ich ein drittes Objekt „die Beziehung“ und lege es auf die beiden Stifte. Je stabiler die beiden Parteien stehen, desto stabiler liegt „die Beziehung“ obenauf. Kippelt eine Partei, kippelt die Beziehung. Lehnt sich eine Partei an, steht also schief, muss die andere Partei ausgleichen. Heißt, je stabiler die beiden Parteien sind, desto leichter wird es, „die Beziehung zu tragen“.

Was aber braucht es, um stabil zu sein? Aus meiner Sicht das Wissen darüber, wer ich bin und was ich will. „Liebe mich“ kann durchaus etwas sein, das ich will. Die Frage ist nur, habe ich Einfluss darauf, dass mein Wunsch Wirklichkeit wird? Eher nicht. Man stelle sich vor, ich würde eine Liste der Dinge erhalten, die ich tun muss, damit ich geliebt werde. Wer sagt mir, dass ich dann auch wirklich geliebt werde. Womöglich bekomme ich nach erfolgreichem Abarbeiten der Liste eine nächste, so à la „ups vergessen“.

Manchmal passiert Liebe einfach. Oder besser Verliebtsein passiert einfach. Das war das mit dem Hormoncocktail 😉. Ob daraus eine Beziehung wird, ist eine Entscheidung. Ich kann mich entscheiden, einen Menschen zu lieben und mit ihm zusammen zu sein. Ich habe aber keinen Einfluss darauf, dass dieser Mensch auch mich liebt und mit mir zusammen sein möchte. Wie sagt Charifi so schön: „Ich liebe dich. Was geht dich das an.“ Indem ich weiß, wer ich bin und was ich will, ist es mir möglich zu definieren, was mir in einer Beziehung wichtig ist und kann so meinen Teil zu einer möglichen stabilen Beziehung beitragen. Damit hätte ich sogar so etwas wie eine Liste. Der oder die andere hat diese aber auch. Und wenn wir uns jetzt nicht selbst belügen, können wir prüfen, ob unsere Quasi-Listen zusammenpassen. Klingt einfach. Ist es aber nicht. Wir werden älter, weiser, das Umfeld verändert sich und vermutlich ändert sich das „was ich will“ auch immer mal wieder. Womöglich sogar das „wer bin ich“. 

 

Es gilt daher immer mal wieder zu checken, ob alles noch passt, was man besser machen kann und was verändert werden sollte. Im Job nennen wir das eine Retro. Vielleicht sollten wir in Paarbeziehung auch regelmäßige Retros einführen. Mein Mann und ich tun das. Oder anders gesagt, es ist sein Beitrag zum Gelingen unserer Beziehung. Nach dem Fremdgehdrama gibt es mir etwas mehr Sicherheit bzw. Gewissheit, dass wir frühzeitig Themen ansprechen. 

 

Eine Garantie gibt es mir nicht. Aber die brauche ich auch nicht.